Spazzacamini: ihrer Kindheit beraubt

Publiziert: 14 Juli 2013

Sie wurden in jungen Jahren als lebende Kaminbesen in norditalienische Grossstädte verkauft: Über das karge Leben der Spazzacamini aus dem Verzascatal wird auch ein Film gedreht.

Es gehört zu den meist gelesenen Kinderbüchern der Welt und bewegt bis heute die Gemüter: "Die schwarzen Brüder". Das Gemeinschaftswerk der deutschen Schriftstellerin Lisa Tetzner und ihres Mannes Kurt Kläber erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen aus Sonogno, der als Kaminfeger nach Mailand verkauft wurde. 2002 veröffentlichte der Schweizer Illustrator Hannes Binder den Roman in Bildern. Das Schicksal der Spazzacamini ist Thema von Fernsehserien, Musicals und Filmen. Das ethnographische Museum in Sonogno widmet dem dunklen Kapitel der Talgeschichte eine umfassende Ausstellung.

Giorgio, ein Junge aus Sonogno


In der Casa Genardini in Sonogno, dem Talmuseum, sind Zeugnisse des bäuerlichen Alltags und des Hirtenlebens ausgestellt. Ein wichtiger Teil der Exposition beschreibt den Beruf des Kaminfegers von einst bis heute. Not und Armut hatten die Familien der Verzasca bis Mitte des 20. Jahrhunderts dazu gezwungen, ihre Buben zur Arbeit nach Mailand oder Turin wegzugeben. "Lebende Besen" nennt sie Elisabeth Wenger in ihrer 2010 erschienen Dokumentation. Wenger zeichnet in ihrem Buch die Lebensgeschichten ehemaliger Kaminfegerkinder nach, denen es gelungen ist, dem Russ und Staub italienischer Grossstädte zu entkommen. Giorgio aus dem Roman von Lisa Tetzner und Kurt Kläber steht stellvertretend für alle Kinder aus den Tessiner und angrenzenden norditalienischen Tälern, die als Kaminfegerbuben ihrer Kindheit beraubt wurden.

Von den schwarzen Brüdern zu den schwarzen Ziegen


Ausgebeutet, krank und vom Hunger geplagt mussten die Kaminfegerkinder in ihrem harten Alltag ausharren. Viele sind der ständigen Belastung erlegen. Eine Legende bringt die für das Verzascatal typischen schwarzen Ziegen mit den zahlreichen fern der Heimat verstorbenen Söhnen in Verbindung. Immer wenn ein Kaminfegerjunge in Mailand, Bologna oder Turin gestorben sei, hätte sich das Fell einer Ziege im Stall seiner Familie in der Tessiner Heimat schwarz verfärbt. Se non è vero è ben trovato – wenn es nicht wahr ist, so ist es doch gut erfunden – sagte einst der italienische Philosoph und Dichter Giordano Bruno (1548 - 1600). Und das mag auch in diesem Fall gelten. Die Nera Verzascaziege gehört zu den gefährdeten Rassen in der Schweiz, und ihr Bestand wird vom Schweizerischen Ziegenzuchtverband überwacht.

Stoff für Bühne und Leinwand


Mit der Geschichte der "Schwarzen Brüder" beschäftigen sich in den vergangenen Jahrzehnten Autoren, Regisseure und Theaterintendanten rund um den Globus. Die ARD verfilmte die Geschichte bereits in den Achtzigerjahren, in Japan entstand darüber 1995 eine 33-teile Zeichentrickserie. Seit vergangenem Sommer ist auch der Schweizer Xavier Koller dabei, Giorgios Leben filmisch nachzuzeichnen. Die Rolle des Bösewichts Luini – der Mann mit der Narbe – übernimmt hier der deutsche Schauspieler Moritz Bleibtreu. Gedreht wurde allerdings im Bavonatal. "Weil es dort keine Hochspannungsleitungen gibt, die die Landschaftsaufnahmen ruinieren", wie Produktionsleiterin erklärte.

Info

Ethnographisches Museum
6637 Sonogno
+41 91 746 17 77
info@tenero-tourism.ch
www.museovalverzasca.ch
www.ascona-locarno.com
www.ticino.ch

Preis
Erwachsene: CHF 5.- Kinder 6 bis 16 Jahre: CHF 2.-

Wann

Mai bis Oktober 13.00-17.00 Uhr

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