Zahlreiche Dorfbewohner wanderten früher in die Toskana aus. Einige wurden reich, was noch heute sichtbar ist.

An der Haltestelle Palagnedra aussteigen und schnell mal das Dorf besichtigen? Das können sich Touristen, die kurz für ein paar Fotos einen Stopp einlegen wollen, abschminken. Wer mit der Vigezzina-Centovalli-Bahn anreist, muss Zeit und innere Ruhe mitbringen. Zu erreichen ist das auf einer sonnigen Terrasse am Südhang des Centovalli gelegene Dorf in rund einer Stunde Fussmarsch ab dem Haltepunkt. Auf der drei Kilometer langen Strasse kann man natürlich auch hinauf ins auf circa 660 Metern gelegene Palagnedra fahren. Aber im Auto verpasst man schliesslich das bewusste Sehen und Erleben der Natur.

Am Hof der Medici

Zur Attraktivität und Identität des ruhigen Ortes trägt seine grüne Umgebung ganz klar bei. Es gibt ein Waldreservat, ein künstlich angelegter, aus der Bahn oft fotografierter Stausee und allerhand Wandermöglichkeiten. Doch das Dorf – früher eine eigene politische Gemeinde, heute Ortsteil der Gemeinde Centovalli – ist eine Sehenswürdigkeit für sich. Zu bestaunen sind neben Rustici zahlreiche alte Bürgerhäuser, darunter die Casa Mazzi aus dem 18. Jahrhundert. Petronio Mazzi (1681 bis 1753) hatte als hoher Beamter für die einflussreichen Medici wichtige Aufträge zu erfüllen.

Inmitten von Wiesen

Andere stattliche Gebäude zeugen ebenso vom einstigen, der Emigration zu verdankenden Wohlstand. Als die Land- und Weidewirtschaft im 17. und 18. Jahrhundert nicht mehr ausreichten, um die Bevölkerung zu versorgen, zogen zahlreiche Einwohner Palagnedras ins Ausland, vor allem eben in die Toskana, an den Hof der Medici. Einige fanden in der Ferne, wonach sie gesucht hatten und wurden reich. Einen schönen Kontrast zur geschlossenen Häusergruppe des Dorfes bildet die Kirche San Michele, die über wertvolle Fresken und Gemälde verfügt und etwas abseits des Ortskerns steht – inmitten von Wiesen.