Wo Gegensätze das Leben bereichern

Publiziert: 8 September 2013

Für Max Frisch war das Onsernonetal Refugium, für La Lupa ist es Heimat. Besucher lieben das wild-romantische Tal aber vor allem, weil es kontrastreiche Erlebnisse bietet.

"Die Meisten verwechseln Dabeisein mit Erleben", sagte Max Frisch einmal. Ob es auch ihm selbst so erging? Ob er das Onsernonetal wirklich erlebte oder einfach nur dort weilte? Sicher ist, dass er das wilde Tessiner Tal als Rückzugsort nutzte. Als Refugium. Wenn ihm Hektik, Umtriebigkeit und Unruhe des Grossstadtlebens zu viel wurden, tauchte er in die Stille Berzonas ein. Was bei den Schriftstellern Frisch, Golo Mann und Alfred Hellmuth Andersch funktionierte, ist ebenso für gegenwärtige Ruhesuchende möglich. Auch für Normalsterbliche. Im Valle Onsernone, weit weg vom aufreibenden Alltag, lässt es sich herrlich entspannen. Das weiss auch die in Zürich lebende Tessiner Künstlerin La Lupa. Jedes Jahr verbringt die 66-jährige Wölfin die heisse Jahreszeit in Corbella, dem Heimatort ihrer Eltern. Und obwohl sie in Bellinzona aufgewachsen ist, gehört ihr Herz nach wie vor dem karg-grünen alpinen Tal.

Lieblich verklärt und gnadenlos real


Vielleicht ist eben dies der grosse Unterschied zwischen der einheimischen Sängerin und den Wahlonsernonesi. Wer hier verwurzelt ist, liebt diesen Flecken Erden bedingungslos. Er verherrlicht nichts. Kennt seine raue, unerbittliche Seite genauso wie seine ungezähmte Schönheit. Der Zugezogene läuft hingegen Gefahr, ein Wunschbild von ihm zu zeichnen. Um die Hässlichkeit der Welt auszuschliessen, wie Frisch sinngemäss sagte. Es ist aber gerade dieser Gegensatz, der den Charme des abgelegenen Tals ausmacht. Das Lieblich-Verklärte einerseits und das Gnadenlos-Reale andererseits. Diese Diskrepanz kann nur spüren, wer das Valle Onsernone besucht. Nur wer im dicht bewaldeten Steilhang steht und die einst hier weidenden Ziegen vor seinem inneren Auge sieht, erahnt die Härte des vormaligen Bauernlebens. Und nur wer durch Frischs Berzona streift, erlebt im Gegenzug die beflügelnde Magie der Stille.

Abstecher in die Vergangenheit


Für jeden Besucher des Onsernontals ist ein Abstecher ins Museo Onsernonese in Loco fast Pflicht. Ziel des Museums ist es, das kultur- und volksgeschichtliche Erbe der Region zu bewahren, zu erschliessen und weiterzugeben. Die Ausstellung deckt ein breites thematisches Spektrum ab. Der bäuerliche Alltag, die Strohindustrie und die Emigration gehören ebenso dazu wie die profane und sakrale Kunst, die namhaften einheimischen Persönlichkeiten und die europäischen Kunstschaffenden. Hier begegnet man Max Frisch wieder, erfährt viel Interessantes über sein Leben und sein Werk. Lernt ihn ein bisschen besser kennen. Die rothaarige Wölfin lächelt. Gekannt habe sie ihn nicht, gesehen aber schon. An einem Konzert der italienischen Sängerin Maria Carta. "Er wurde persönlich begrüsst", erinnert sie sich. Denn schliesslich war man doch stolz, einen so namhaften Schriftsteller unter sich zu wissen.

Auf Max Frischs Spuren – geführte Besichtigung Berzonas:


Vom "Progetto Parco Nazionale del Locarnese" organisierte Führung, Sonntag, 15. September von 13.00-15.00 Uhr, Reservierungen obligatorisch bis Freitag, 13. September um 12.00 Uhr unter der Natel-Nr. +41 79 337 34 22, bitte geben Sie bei der Reservierung die gewünschte Sprache an (Italienisch oder Deutsch). Kosten: CHF 25.- pro Person, Treffpunkt: um 13.00 Uhr bei der Bushaltestelle in Berzona. Wer möchte, kann ausserdem im Museo Onsernonese in Loco die Temporärausstellung "Max Frisch Berzona" und die ethnografische Dauerausstellung besuchen. Auf Anfrage ist es möglich, in einem der Restaurants in Loco einen Aperitif einzunehmen.
Anreise mit öV: Buslinie 324 ins Onsernonetal, Haltestelle Berzona.

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