Aline oder das Onsernonetal und das Schiff von Comologno

Publiziert: 21 September 2014

Das Onsernonetal ist schon ein ganz besonderes. Was da für Persönlichkeiten strandeten, füllt einen dicken Literaturalmanach. Aber auch Anarchisten haben die Enge und schlichte Anmut dieses Tals besucht.

"Wo man Ziegenställe vermutet, trifft man auf Orte mit bedeutender Baukultur. Und das ganz oben im Onsernonetal, auf 1100 Metern über Meer." Eveline Hasler führt uns nach Comologno, wo eine "alte Freundin" von ihr wohnte. "Nach Comologno mit seinen alten Palazzi haben sich in den Dreissigerjahren Künstler zurückgezogen. Im Mittelpunkt stand als Gastgeberin die schöne, grosszügige Aline Valangin mit ihrem Palazzo La Barca." Heute steht das Gebäude in Privatbesitz, ist nicht zugänglich für Besucher. Von Weitem kann man es aber trotzdem sehen, es ist in dieser ruralen Landschaft nicht zu übersehen. Aline Valangin beherbergte Menschen wie die Schriftsteller Kurt Tucholsky aus Deutschland und Ignazio Silone aus Italien oder Künstlerinnen wie Meret Oppenheim.
Aber nicht nur sie, viele andere noch fanden bei ihr Inspiration und Zuflucht vor dem nahenden Krieg. "Aline wurde hier selber Schriftstellerin. Von ihrem Leben, sie wurde 97 Jahre alt, ist viel zu erzählen." Genauso viele Geschichten wie über das Tal, in dem sie lebte.

Der letzte Grund im Holozän


Noch andere haben sich entweder fürs Schaffen oder aus innerster Not in dieses Tal der 300 Kurven zurückgezogen. Alfred Andersch, der nicht in Sansibar, sondern in Berzona seinen letzten Grund gefunden hatte. Oder Max Frisch, der dort auf den Holozän und das Erscheinen des Menschen wartete. Obwohl Frisch und Andersch eine gemeinsame dunkle Seite teilten – beide hatten sie, wo sie die Chance gehabt hätten, einen anderen Menschen zu retten, offenbar versagt. Beide haben in ihrem Existenzialismus diese Not literarisch verarbeiten müssen. Nicht unerwähnt darf Golo Mann bleiben, der Sohn des Literaturdenkmals Thomas. Oder der Ehrenbürger von Mosogno, der umtriebige Anarchist Bakunin. Auch er fand zeitweilig Ruhe.

Achtung, die Hippies kommen


Oder die Freaks und Hippies, welche in den 70er und 80er Jahren der Zivilisation der Zureich-Limmatstadt entflohen sind und im hintersten Onsernonetal eine neue Welt besiedeln wollten. Letztlich scheiterten auch sie an der Machtfrage, als sie versuchten, in die politisch wichtigen Gremien der Dörfer zu kommen. Noch heute munkelt man, dass während der heissen Sommertage oberhalb des letzten Onsernonedorfs Spruga bei den alten Bagni di Craveggia sich die heutigen Hippies zu ihren Nacktbadereien und Leben-im-Freien-Meetings sehen. Zur Unfreude der Gemeindepolitiker und Anwohner.

Auch hier Lebensversuche im Utopischen


So schliesst sich der Kreis der Lebensversuche in einem kleinen, ruralen Felslabyrinth und seiner illustren Gäste. Über die man hier und da die Nase rümpfte. "Über Alines moderne offene Ehe mit Wladimir Rosenbaum wurde nicht nur in den Dreissigerjahren viel diskutiert. Heute ruht sie zusammen mit Rosenbaum und seiner dritten Frau Sybille friedlich in einem Grab in Ascona." Wer mehr darüber wissen möchte, erfährt so einiges in Eveline Haslers Buch Aline und die Erfindung der Liebe. Gebunden ist es erhältlich, für das Taschenbuch ist laut Buchhandelsinfo ein Nachdruck geplant.

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