Ticino Weekend - Hortus conclusus, Villa Cedri, Bellinzona

Hortus conclusus – die Illusion eines Paradieses

Publiziert: 7 Juni 2020

Dialog zwischen zeitgenössischen Arbeiten und Grafiken aus vergangenen Jahrhunderten.

Hortus conclusus. L’illusione di un paradiso heisst die Ausstellung, die seit vergangener Woche im Museo Villa dei Cedri in Bellinzona zu sehen ist. Das Bildmotiv des Hortus conclusus, des geschlossenen oder verschlossenen Gartens, geht auf eine Interpretation des Hoheliedes des Alten Testamentes zurück. Dort heisst es: Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Born. Demgegenüber steht Der Raub der Europa, der prickelnd erotische griechische Mythos, der von Göttern, Entführung und Liebe erzählt.

Analyse der Gesellschaft?

Ist es möglich, anhand religiöser Themen und antiker Mythen unsere zeitgenössische abendländische Gesellschaft zu analysieren? Dieser Frage will die Werkschau in der Villa Cedri nachgehen. Ausgangspunkt ist einerseits der christlich geprägte, geschlossene Garten als Symbol des Paradieses und der Jungfrau Maria und andererseits die heldenhafte Reise einer entführten jungen Frau, die dem hiesigen Kontinent ihren Namen gab.

Was die USA träumen...

Seit dem Mittelalter versuchen Künstler mithilfe dieser Ikonografien das Verhältnis zwischen Mensch und Heimat, Identität und Kultur zu erklären. Die heutigen USA scheinen dem Hortus conclusus den Vorrang zu geben. Sie träumen den (Alb-)Traum eines geschlossenen Paradieses, das den Rest der Welt mithilfe von Mauern und Hirngespinsten ausschliesst. Zu sehen sind Werke von Tonatiuh Ambrosetti, Jean-Marie Appriou, François Malingrëy, Sandrine Pelletier, Mustafa Sabbagh und zahlreichen weiteren Künstlern.