Was einmal war, ist wieder "in"

Publiziert: 8 September 2013

Die Industrialisierung verschlang die einst blühende Strohindustrie des Valle Onsernone. Nach langer Zeit taucht nun das Totgeglaubte endlich wieder aus der Versenkung auf.

Industrialisierung und Globalisierung gaben ihr den Todesstoss. Sang- und klanglos verschwand die Strohverarbeitungsindustrie Mitte des 19. Jahrhunderts von der Onsernoneser Bildfläche. Was einst flinke Tessiner Hände geschaffen hatten, stellten nun Chinesinnen und Taiwanesinnen her. Die grosse weite Welt wurde zum Dorf. Regionalität und Originalität zu einem globalen Kuddelmuddel. "Basta – genug!", sagten sich vor acht Jahren sechs Frauen und kehrten zu ihren wirtschaftlichen Wurzeln zurück. 2005 gründeten sie den Verein Pagliarte. Seitdem blüht das alte Kunsthandwerk wieder auf. Genau an dem Ort, wo es vor langer Zeit schon gedieh: in Berzona.

Wald verdrängte Roggenfelder


Aber wie bitte kommt das Onsernonetal auf die Strohverarbeitung? Wohin das Auge reicht sind nur steile von Wald überwucherte Hänge auszumachen. Woher das ganze Stroh also nehmen und nicht stehlen? La Lupa, gebürtige in Zürich wohnhafte Onsernonesin, lacht gurrend. Auf dem Balkon ihres Elternhauses in Corbella stehend, deutet sie auf die andere Talseite hinüber. Ihr Zeigefinger zeichnet eine scharfe Linie mitten durch den Wald hindurch. "Bis dorthin gab es keine Bäume", erklärt sie. Das waren einst Felder. Roggenfelder. Das Rohmaterial für die über die Landesgrenze hinaus bekannten und beliebten Strohprodukte. Vom ehemaligen florierenden Gewerbe sind nur noch die Sonnenterrassen an den schmucken Tessiner Häusern übrig geblieben. Dort, wo dereinst das Stroh trocknete, singt La Lupa heute während der Sommermonate täglich einige Lieder. Die volle, dunkle Stimme der begnadeten Sängerin verliert sich dann an der gegenüberliegenden Böschung, an die sich früher der Roggen schmiegte.

Kunst aus Stroh


Obwohl die gold-gelben Felder des Onsernonetals in jüngster Zeit Bäumen und Buschwerk weichen mussten, gibt es vom Naturprodukt selbstverständlich immer noch mehr als genug, um dem strohigen Kunsthandwerk zu frönen. Pagliarte stellt neben den traditionell-klassischen Modellen auch farbig-moderne Kreationen her. Darunter finden sich Taschen, Gürtel, Körbe, Tischsets, Schmuck- und Dekorationsobjekte. Und natürlich die begehrten Hüte. Wer selbst einen Blick ins Atelier werfen möchte, ist im September und Oktober jeweils dienstags zwischen 9.30 und 12.00 Uhr herzlich willkommen. Auf telefonische Anfrage (+41 91 797 17 06 oder 091 797 17 06) sind auch andere Besuchszeiten möglich. Pagliarte befindet sich mitten im lauschigen Dorfkern Berzonas, dem, wie schon erwähnt, einstigen Zentrum der Strohmanufaktur. Das Onsernoneser Stroh hat der Globalisierung ein Schnippchen geschlagen.

Geführte Besichtigung des Ateliers Pagliarte


Vom "Progetto Parco Nazionale del Locarnese" organisierte Führung, Sonntag, 15. September um 15.10 Uhr im Atelier Pagliarte in Berzona, Treffpunkt beim Atelier. Anmeldung obligatorisch bis Donnerstag, 12. September um 12.00 Uhr bei Stefania Garbani-Marcantini unter der Telefon-Nr. +41 91 797 17 10. Demonstration des Kunsthandwerks und anschliessend Besichtigung des Ateliers, wo viele verschiedene Gegenstände zum Kauf angeboten werden, Eintritt gratis.
Anreise mit öV: Buslinie 324 ins Onsernonetal bis Haltestelle Berzona, anschliessend noch etwa 600 m zu Fuss.

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