Sieben Kirchen für 850 Einwohner

Publiziert: 18 Mai 2014

Das Weinanbaugebiet beim 850-Seelen-Dorf Giornico ist besonders anspruchsvoll. Der kleine Ort in der Leventina zeichnet sich jedoch auch durch seine einzigartigen Bauwerke aus.

Die Rebberge bei Giornico gehören sowohl zu den nördlichsten als auch den höchstgelegenen des Tessins. Und damit gehören sie auch zu den anspruchsvollsten Weinanbaugebieten des Kantons. Paolo Basso, der 2013 zum besten Sommelier der Welt gekürt wurde, erklärt: "Wegen der hohen Lage ist es schwierig, die Trauben zur Reifung zu bringen." Doch gelingt der Reifungsprozess, ist das Ergebnis spektakulär. Der Tessiner Weinexperte Basso erklärt, was die in Höhenlagen gereiften Weintrauben so besonders macht: "Es sind duftendere Früchte, mit einer dickeren Schale und mehr Polyphenolen." Polyphenole sind aromatische Verbindungen, die häufig gesundheitsfördernd sind. Reifen die Beeren also komplett aus, ist der aus den höchsten Rebbergen im Tessin gewonnene Wein ein besonders geschmacksreicher Wein, erläutert Basso.

Inmitten von Reben und Kastanien


Doch das kleine Dorf im engen Leventinatal hat mehr zu bieten als diesen ganz besonderen Wein, der in der und um die kleine von urigen Steinhäusern dominierten Ortschaft wächst. Im Dorf gibt es sieben Kirchen, mindestens eine davon von weltweitem Renommee. Die im 12. Jahrhundert erbaute Kirche San Nicolao gilt als eindrücklichstes Beispiel lombardischer Romanik in der Schweiz. In essentieller und strenger Architektur hebt sie sich in ihrer steinernen Präsenz unter den Weinbergen hervor: stark, einfach und nobel. Bemerkenswert sind das Tor der Südfassade, mit kleinen Skulpturen, die Hauptfassade, die Krypta mit rätselhaften Kapitellen, die Fresken der Apsis und das Taufbecken am Eingang.

Preisgekrönte moderne Architektur neben romanischen Bauwerken


Giornico ist ein vom Massentourismus unentdecktes Juwel. Das Dorf hat etwa 850 Einwohner, liegt im Leventinatal, hat keine Autobahnverbindung und keinen Bahnhof. Im Ort gibt es zwei Bed and Breakfasts, einen Dorfladen und die Post, kein Tourismusbüro, aber hin und wieder einen Reisebus mit asiatischen Touristen, die das moderne Museum La Congiunta sehen wollen. Es ist dem Bildhauer Hans Josephsohn gewidmet. Das vom Schweizer Architekten Peter Märkli entworfene Betongebäude wurde 1995 im Rahmen des Wettbewerbes Neues Bauen in den Alpen mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Wiedereröffnung des Volkskundemuseums


Sehenswert ist auch das erst letzte Woche, nach grossen Umbauarbeiten wiedereröffnete Volkskundemuseum Museo di Leventina. Vor oder nach dem Besuch des ethnographischen Museums in der historischen Casa Stanga lohnt sich ein Spaziergang zur einzigen Insel im Schweizer Teil des Ticino. Aber auch das Kriegsdenkmal sollte Teil jeder Besichtigung sein. Es erinnert an die blutige Schlacht bei Giornico im Jahr 1478, bei der rund 500 Eidgenossen die mailändischen Truppen in Stärke von rund 10'000 Mann in einen Hinterhalt lockten und in die Flucht schlugen. Damit wurde die Leventina bis zum Einmarsch der napoleonischen Truppen Ende des 18. Jahrhunderts eidgenössisch.

Top Tipps in der Umgebung

Cardada-Funivia-17604-TW-Interna.jpg

Cardada

24.6 km

Wetter

Freitag
10°
Freitag
10°
Samstag
11°