Ein "betrunkener" Käse? Richtig! Denn für den "Formaggio ubriaco" ruht der Laib in der Maische, seine Kruste färbt sich dunkelrot, und der feine Geschmack des Merlot dringt bis in sein Innerstes.

Rotwein und Käse sind ein perfektes Paar. Das ist nichts Neues. Neu – oder besser, wieder entdeckt – ist dagegen die enge Verbindung der beiden: sozusagen eine Symbiose aus gereiftem Alpkäse mit den charaktervollen Noten des Merlot. Das Endprodukt heisst Formaggio ubriaco, auf Deutsch: "betrunkener Käse". Aber die Feinschmecker brauchen deswegen die Polizeikontrollen nicht zu fürchten. Bis der Käse auf den Teller kommt, ist der Alkohol längst verraucht. Was bleibt, ist der einzigartige Geschmack.

Aus der Not entsteht eine Spezialität

Es herrschte Krieg, als findige Bauern in Venetien die Idee hatten, Käselaibe in Weintrester zu verstecken. Die von ausländischen Truppen bedrohte Landbevölkerung in der norditalienischen Provinz suchte für den Käse einen geheimen Aufbewahrungsort. Lieber schlechtes, als gar kein Essen, lautete das Motto. Dass aus der Not heraus eine leckere Spezialität entstand, war reiner Zufall. Und aus der Bemühung, dem Hunger zu trotzen, wurde eine Tradition.

Mit Südtessiner Merlot verfeinert

Über die Jahre hat sich die Herstellung von Rotweinkäse auch in anderen Regionen Europas etabliert. Im Tessin ist es beispielsweise der Weinproduzent Cormano in Morbio Inferiore, der den Formaggio ubriaco im Angebot hat. Als Grundlage dient dort ein Bergkäse von der Alpe Gorda im Bleniotal. Die Käselaibe werden sorgfältig ausgewählt und gewaschen, bevor sie in dem Trester gelagert und mit Caronte-Wein übergossen werden. Der Käse entfaltet sein ganzes Aroma bei Raumtemperatur.