Einst hiess der Berg Monescia

Publiziert: 27 Mai 2012

Aus dem einstigen Monte Monescia wurde der Monte Verità – und daraus ein Kultberg sondergleichen. Vor über 110 Jahren wurde mit seiner Geschichtsschreibung begonnen.

Die Naturmenschen treffen in Ascona ein

1889 plante der Locarneser Nationalrat und Theosoph Alfredo Pioda zusammen mit Franz Hartmann und der Gräfin Constance Wachtmeister den Bau des theosophischen Klosters Fraternitas auf dem Monte Monescia, dem heutigen Monte Verità: Das Projekt scheiterte. Von 1900 bis 1920 wurde von Henri Oedenkoven, Ida und Jenny Hofmann, Paulette Hattemer, Karl und Gusto Gräser die individualistische vegetabilische Cooperative erbaut und betrieben, die später zu einem kommerziell geführten Kurbetrieb mutierte. Rückwirkend betrachtet, wird diese lebensreformerische Künstlerkolonie als Wiege der Alternativbewegung betrachtet, der dritte Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. 1904 wurde die Vegetarier-Ansiedlung in Ascona von Adolf Grohmann erstmals in einem Buch beschrieben.

... es folgen die Anarchisten ...

1904 liess sich mit Raphael Friedberg, einem deutschen Arzt, der erste Revolutionär in Ascona nieder. Ihm folgte eine ganze anarchistische Kolonie, darunter Fürst Pjotr Kropotkin und der Zürcher Arzt Fritz Brupbacher. Auch Lenin und Trotzki hielten sich hier auf. Der deutsche Anarchist und Schriftsteller Erich Mühsam wünschte sich Ascona als Republik der Heimatlosen, der Vertriebenen und des Lumpenproletariats; von ihm stammen mehrere Schriften über Ascona und den Monte Verità. „Die Vereinigung so vieler verschiedener Elemente verursachte eine heillose Unordnung auf unserem Berge. Die meisten tun nicht das Notwendige zur Förderung des Zwecks, sondern ungefähr genau das, was ihnen beliebt. Es waltet eine schlecht verstandene Anarchie“, schrieb Ida Hoffmann in ihr Tagebuch.

... die Tänzerinnen, Tänzer, Dadaisten und die Bohème ...

1913 gründete Rudolf von Laban auf dem Monte Verità seine Sommerschule für Bewegungskunst. Es kamen unter anderem Charlotte Bara, Isadora Duncan, Suzanne Perrottet, Sophie Taeuber, Mary Wigman und Katja Wulff. In ihrem Sog fanden auch andere Avantgardisten, Dadaisten und Bohèmisten den Weg an den Lago Maggiore. Eine Auswahl an Namen: Hans Arp, Hugo Ball, Ernst Bloch, Franziska zu Reventlow, Ernst Toller. Und dann kamen, zum ersten Mal im 20. Jahrhundert, die Emigranten, die vor dem Weltkrieg flüchten mussten.

... und zum Schluss der Geldadel.

In den 1920er-Jahren verkaufte Oedenkoven den Berg an eine Investorengruppe, 1923 wurde aus dem Kur- ein Hotelbetrieb. 1926 kaufte der Bankier Baron Eduard von der Heydt den Monte Verità und liess vom Architekten Emil Fahrenkamp ein neues Hotel im Bauhaus-Stil errichten. Seine Ausstellung ostasiatischer Kunst war bis zum Zweiten Weltkrieg eine Attraktion von internationaler Bedeutung. Nach dem Tod von der Heydts ging der Monte Verità in den Besitz der öffentlichen Hand über. Im Museo Casa Anatta auf dem Monte Verità wird hoffentlich bald wieder Harald Szeemanns Ausstellung Die Brüste der Wahrheit gezeigt, eine Dokumentation „der Abfolge der Invasionen von Utopien aus dem Norden, wie Anarchie Sozialutopie, Seelenreform, Lebensreform, Geistesreform, Körperreform, Psychologie, Mythologie, Tanz, Musik und Literatur in Ascona von 1870 bis heute“. Quelle: www.ticinarte.ch.

Top Tipps in der Umgebung

ascona-monte-verita-1746-0.jpg

Monte Verità

0.0 km

locarno-lido-locarno-piscine-interne-317.jpg

Lido Locarno

3.1 km

Wetter

Freitag
Freitag
10°
Samstag
11°