Rebberge auf steinigen Trümmern

Publiziert: 22 Juni 2014

Wo einst riesige Bergmassen zu Tale stürzten, wachsen nun sonnendurchtränkte Trauben. Die Vigneti di Ludiano sind ein Beispiel natürlicher Vitalität und menschlicher Kreativität.

Der Berg kam. Ohne Vorwarnung. Donnernd wirbelte er alles Gewesene durcheinander. Verwüstete, erdrückte, zersetzte. Veränderte das Bestehende und schuf Neues, Unerwartetes. Jahrtausende sind seitdem vergangen. Kastanienhaine und blühende Wiesen verdecken die einstigen Wunden. Aus staubigen Trümmern wurde liebliches Grün. Das ist der Lauf der Dinge. Auf das Leben folgt der Tod. Aus Tod entsteht Leben. Oder fast magisch anmutende Rebberge. Wie diejenigen von Ludiano.

Spaziergang zwischen Trauben


Als hätte ein Riese seine Murmeln achtlos zurückgelassen, liegen die riesigen Felsbrocken auf dem zum Bleniotal hin abfallenden Gelände. Zwischendrin streckt sich blühendes Gewächs beharrlich dem Licht entgegen. Von Menschen tatkräftig unterstützt. Die Rebstöcke, die nach und nach angepflanzt wurden, entwickeln sich prächtig. Auch dank der in den Steinen gespeicherten Sonnenwärme, die kontinuierlich an die Umwelt abgegeben wird und dadurch zu den für die Trauben optimalen klimatischen Verhältnissen beiträgt. Ein Spaziergang in den Rebbergen von Ludiano ist nicht nur für Winzer beflügelnd. Buchautorin und Köchin Meret Bissegger liebt es ebenso, auf der Suche nach frischen Kräutern zwischen den eindrücklichen Steinbrocken zu wandern. Doch sind es nicht nur die essbaren Pflanzen, die sie locken, sondern auch die unvergleichlichen Blütenschönheiten, die hier anzutreffen sind. Die prachtvollen Lilien unter anderem.

Von Landvögten und Heidenhäusern


Das Land der Sonne hat noch viel mehr zu bieten als Weinstöcke. Alte Ruinen erzählen von Landvögten und Burgfräuleins, hunderte von kleinen Bauernhäusern von harter Arbeit und treuer Vaterlandsliebe, lauschige Grotti von Einfallsreichtum in technologiearmen Zeiten. Die case dei pagani, die Heidenhäuser oder Grottenburgen genannten Bauten aus dem 3. bis 15. Jahrhundert, die sich an den steilen Wänden des Bleniotals festzukrallen scheinen, dienten einst als Wacht- oder Signalhäuser und lassen erahnen, wie gross in jenen Tagen das Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit war. Wer also einen der zahlreichen Wanderpfade (z. B. den sentiero basso zwischen Acquarossa und Biasca – oder zwischen Biasca und Acquarossa, je nach Vorliebe) einschlägt, begibt sich nicht nur auf eine atemberaubende Natur-, sondern auf eine ebenso mitreissende Kultur- und Zeitreise. Am Ende des Weges wartet zweifelsohne ein feines Tessiner Gericht und ein köstlicher Tropfen Merlot. Aus Ludianos Trauben. Vielleicht. Wer weiss.

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