Kühle Kirchentour an heissen Tagen

Publiziert: 22 Juni 2014

Die Kirchen San Carlo von Negrentino, Sankt Peter und Paul und die Heilige Petronilla erzählen vom christlichen Glauben und längst vergangenen Kunstzeitaltern.

Es ist kühl da drinnen. Richtig angenehm, jetzt, wo es draussen so warm ist. Die harte Holzbank knarzt unter dem menschlichen Gewicht. Während sich die Augen an das schummerige Licht gewöhnen, erkunden die Gedanken den Ort. Die Kirche San Carlo von Negrentino in Prugiasco (Gemeinde Acquarossa) soll um das Jahr 1000 nach Christus erbaut worden sein. Ein christliches Haus Gottes wie es weltweit unzählige andere gibt. Oder doch nicht? Mag die Substanz sich äusserlich noch so sehr ähneln, jede Stätte ist dennoch einmalig. Weil jede von ihnen an einem einzigartigen Ort steht. Und von einzigartigen Menschen erbaut wurde. Wie sie wohl waren, die Vorfahren, die San Carlo mit ihrer Körperkraft erschufen? Schichteten sie in freudig-demütiger Liebe zu ihrem Herrn Stein auf Stein auf? Oder taten sie es unter Strafandrohung und in Gottesfurcht?

Fresken aus verschiedenen Epochen


Inzwischen sehen die Augen wieder klar. Die Seele kehrt in die Gegenwart zurück, lässt Mutmassungen hinter sich und wendet sich der Wirklichkeit zu. Den wunderbaren Fresken aus drei verschiedenen Epochen. Das älteste Bild, eine Darstellung der Himmelfahrt Christi vor den Aposteln, entstand vermutlich in der Mitte des 11. Jahrhunderts durch die Hand eines unbekannten Künstlers. Es ziert das vermauerte Portal an der Westwand des alten Kirchenschiffes. Die leuchtenden Malereien an der Nordseite werden hingegen Lombardo da Giubiasco (1453-1483) und Cristoforo oder Nicolao da Seregno aus Lottigna zugeschrieben. Die Fresken am südlichen Schiff vom Tessiner Antonio da Tradate (ca. 1465-1520) behandeln das Leben der Jungfrau Maria und stellen Episoden aus den Apokryphen dar, was in jener Zeit eher ungewöhnlich war. Und an der Ostwand sind die Heiligen Ambrosius, Gervasius und Prothasius in der Schlacht von Parabiago zu sehen. "Eindrücklich", meint Meret Bissegger, die kräuterkundige Köchin aus Malvaglia. Doch Bissegger wäre nicht Bissegger, wenn sie nicht auch auf die natürliche Schönheit rund um die Negrentino-Kirche hinweisen würde. Auf die blühenden Wiesen und schattenspendenden Bäume.

Natürliche und menschliche Kunstwerke


Wer die ernste Ruhe der Bethäuser dem lauten Trubel des Alltags vorzieht, kommt auch in Biasca auf seine Kosten. Zum Beispiel in der Chiesa SS. Pietro e Paolo und in der etwa eine halbe Fussstunde entfernten Kapelle der Heiligen Petronilla. Der Name des Kirchleins taucht schon in einem Dokument aus dem 12. Jahrhundert auf. Darin wird auf eine Prozession hingewiesen, die jeweils am 31. Mai an das Martyrium der Heiligen erinnert. Die Peter und Paul geweihte Kirche steht indes auf einer Felsrippe hoch über dem Ort und datiert aus dem Ende des 11. Jahrhunderts. Dank ihrer Wandmalereien aus verschiedenen Epochen gilt sie als eine der bedeutendsten romanischen Bauten der Schweiz. Es sei auch der gegen den Chor hin ansteigende Boden, der auf den Besucher einen bleibenden Eindruck hinterlasse, weiss die Wahltessinerin mit Deutschschweizer Wurzeln zu berichten. Und schon fliegen ihre Gedanken erneut die grün bewachsenen Hänge hinauf und bleiben am schäumenden, sich überkreuzenden Santa-Petronilla-Wasserfall hängen. Einem nicht von Menschenhand erschaffenen, unvergleichlichen Kunstwerk unweit der reizenden Kapelle.

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