Der Schrecken scheint einen Namen bekommen zu haben: Corona. Doch die Welt verbirgt noch viel mehr Leid. Die eindrückliche Ausstellung World Press Photo in Monte Carasso greift dieses auf.

Es sind selten schöne Bilder, die es ins Auswahlverfahren zur besten Pressefotografie des Jahres schaffen. Eindrücklich sind sie, atemberaubend, aufwühlend, lähmend. Schön aber, schön sind sie nur ausnahmsweise. Das ist heuer nicht anders. Das Gewinnerbild des Fotowettbewerbs 2020 stammt von Yasuyoshi Chiba, einem japanischen Fotografen, der zurzeit für die Nachrichtenagentur Agence France-Presse in Nairobi stationiert ist. Sein Bild zeigt einen jungen Sudanesen, der während eines Stromausfalls in Khartoum Protestgesänge anstimmt. Erleuchtet wird der Demonstrant ausschliesslich von Handylichtern.

Algier in Männerhand

Eine ganze Bildgeschichte hat der französische Fotograf Romain Laurendeau geknipst und dafür in der Kategorie World Press Photo Story einen Preis eingeheimst. Sein trauriges Tummelfeld ist Algeriens Hauptstadt Algier. Die Schwarz-Weiss-Aufnahmen zeichnen sich durch eine durchwegs bedrückende Atmosphäre aus. Es sind nicht nur die verschmierten, zerbröckelnden Häuserfronten und verschmutzten, lieblosen Strassenecken, die im Gedächtnis haften bleiben. Noch erschreckender ist die Tatsache, dass alles Weibliche fast komplett ausgemerzt ist. Eine von Männern dominierte, kalte, aggressive, kriegerische Welt tut sich dem Betrachter auf.

Keine lohnenswerte Zukunft

Es gibt noch viel mehr Bilder zu sehen – wie jedes Jahr im Spazio Reale in Monte Carasso. Fast jedes erzählt von Leid und Elend, von Trauer, Wut und Ausgrenzung. Es sind erstklassige Momentaufnahmen, die nichtdestotrotz einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. Wieder einmal zeigt die menschliche Spezies ihre hässlichste Fratze. Wenn diese Werke die wirkliche Welt widerspiegeln, sollten wir schleunigst über die Bücher gehen. So darf die Zukunft nicht aussehen. So nicht.