In Chiasso ist Carl Orffs Carmina Burana nicht nur ein musikalisches Bijoux. Sie ist auch ein Genuss fürs Auge.

Carmina Burana ist keine leckere italienische Vorspeise und auch kein ausgefallener Künstlername. Es ist die noblere (lateinische) Bezeichnung für die Lieder, die in der Bibliothek des Klosters Benediktbeuern in Oberbayern gefunden wurden. So viel zum Namen. Und nun zur Veranstaltung selbst. Die Carmina Burana von Carl Orff läutet am Samstag – in einer reduzierten Fassung von Anders Högstedt – die Herbst- und Wintersaison des Cinema Teatro Chiasso ein.

Auch Tanz, Klangfarbe und Theater

Die mittellateinischen und mittelhochdeutschen Texte sind der gleichnamigen Sammlung entnommen. Dabei handelt es sich um im 11. und 12. Jahrhundert entstandene Lied- und Dramentexte, die Orff in den Jahren 1935 und 36 zu einer szenischen Kantate zusammenfügte. Die Carmina Burana gilt als musikalisches Bijoux oder wie der deutsche Literaturwissenschaftler Hans Mayer einst sagte: Sie ist nicht nur Musik, sondern auch Tanz, sie ist nicht nur Melodie, sondern auch Klangfarbe, sie ist nicht nur Gesang, sondern auch Theater.

Künstlerische Interpretation der Carmina Burana

Neben dem Musikabend mit unter anderen Erika Tanaka (Sopran), Giacomo Leone (Tenor) und Guido Dazzini (Bariton) ist im benachbarten Spazio Officina eine Ausstellung zu demselben Thema zu bewundern. Deren Clou ist eine Reihe von Aquatinta-Radierungen und anderen grossformatigen Arbeiten, die der italienische Künstler Giuliano Collina – von der poetischen Komposition inspiriert – erschaffen hat. Anhand von Zeichnungen, vorbereitenden Studien und Kupferstichen können die Besucher den Prozess nachvollziehen, der jedem der Werke zugrunde liegt. Auch wird deutlich, wie Collinas Bildsprache den literarischen Stoff nach primär chromatischen Prinzipien neu konfiguriert.