Das Abendmahl in der Schweiz

Publiziert: 13 April 2014

In Ponte Capriasca ist eine Kopie des berühmten Abendmahls von Leonardo da Vinci zu bewundern. Das Fresko ist mehr als eine sehr alte Nachbildung – es birgt ungeklärte Geheimnisse...

“Einer von euch wird mich verraten”, verkündete Jesus während des letzten Abendmahls. Seine Jünger reagierten unterschiedlich: entsetzt, ungläubig, verzweifelt, wütend. Die berühmteste Darstellung dieses dramatischen Augenblicks malte Leonardo da Vinci im Speisesaal des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie in Mailand an die Wand. Sie brachte dem Meister schon bald grossen Ruhm ein. Mehrere Kopien wurden angefertigt – eine davon im Tessin, in der Pfarrkirche Sant’ Ambrogio in Ponte Capriasca. Sie ist eine der wenigen, die dem Zahn der Zeit getrotzt hat.

Namenloser Meister


Doch sie ist nicht einfach nur eine sehr, sehr alte Kopie. Das Bild ist eine echte Sehenswürdigkeit, geheimnisumwoben, aber auch voll wertvoller Hinweise, um das kostbare Original in Mailand besser zu verstehen. Zu den Rätseln, die wohl für immer ungelöst bleiben, gehört der Ursprung des Bildes: Genaues weiss man nicht. Irgendwann Mitte des Sechzehnten Jahrhunderts soll es gemalt worden sein. Heisser Favorit ist Cesare da Sesto, einer der besten Schüler Leonardos, denn das Abendmahl in Ponte Capriasca zeugt von hohem Können. Gesichert ist es nicht.

Der Mann, der ein Genie korrigierte


Wer auch immer der mysteriöse Kreative war, er verstand sich nicht nur perfekt aufs detailgetreue Abmalen seiner Vorlagen. Er bewies auch einen eigenen Kopf. So scheint er gar der Ansicht gewesen zu sein, dass Leonardos Version noch nicht das Nonplusultra darstellte. Selbstbewusst hat er diese Korrekturen umgesetzt. Zwar gleichen die Figuren denen des Originals in Mailand aufs Haar. Der Raum, in dem sich die Gesellschaft aufhält, ist jedoch weit aufwändiger gestaltet. Die Wände sind nicht kahl und grau, sondern reich im antiken Malereistil verziert. Darüber erstreckt sich kein strenges Karomuster, sondern eine stilvolle Kassettendecke. Nicht drei rechteckige Fenster befinden sich im Hintergrund, sondern zwei gefällige Renaissance-Bögen. Durch sie blickt man auf keine stille Landschaft. Vielmehr spielen sich dort draussen dramatische Szenen ab: links das Opfer Abrahams, rechts wird die Kreuzigung vorweg genommen. Vollendete der Künstler im Tessin, was Leonardo geplant, aber unterlassen hatte, als er feststellen musste, dass der Untergrund seines Gemäldes feucht war und Risse darin entstanden? Oder setzte der Maler von Ponte Capriasca eigene Ideen um? Auch dies wird wohl immer ein Rätsel bleiben.

Der Fall Johannes


Doch das Schweizer Abendmahl trägt auch zur Klärung so mancher Frage bei. So trug das Original schon bald nach seiner Entstehung schwere Schäden davon: Die Farbe blätterte ab, so dass es mehrmals restauriert werden musste. Ausserdem wurde eine Tür in die Wand gebrochen, der Jesu Füsse zum Opfer fielen. In Ponte Capriasca ist zu erkennen, wie diese ausgesehen hatten, ebenso die in Mailand mehrfach überpinselten Figuren. Noch etwas verrät dieses Bild: Wer die einzelnen Männer sind, denn anders als der Meister in Mailand, fügte der grosse Unbekannte im Tessin unterhalb der Figuren ihre Namen hinzu. Vor allem die Darstellung des Apostels Johannes hat in jüngster Zeit vielfach zur Polemik geführt, ob Leonardo mit dieser sehr weiblich erscheinenden Figur nicht jemand anderen darstellen wollte: Maria Magdalena. Das Fresko von Ponte Capriasca liefert einen eindeutigen Hinweis auf des Rätsels Lösung: “S. Iohanes” steht dort unterhalb des sanften Jünglings mit dem langen Wallehaar und den zarten Gesichtszügen geschrieben.





Info

Chiesa di Sant'Ambrogio

6946 Ponte Capriasca
+41 91 945 24 69
info@luganoturismo.ch

www.luganoregion.com
www.ticino.ch

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